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17.09.19 –
Grüne in Wiesbaden positionieren sich zu städtebaulicher Entwicklungsmaßnahme
Wie stehen die Wiesbadener Grünen zum Ostfeld? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer internen Mitgliederversammlung.
„Wir haben viel über die einzelnen Gesichtspunkte des Ostfelds diskutiert und welche Bedingungen aus unserer Sicht erfüllt sein sollten, um die großen Herausforderungen Stadtentwicklung und Klimaschutz in Einklang zu bringen“, so Uta Brehm, Kreisvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Wiesbaden.
„Ganz klar ist: Die Frage nach bezahlbarem Wohnraum entwickelt sich auch in Wiesbaden zur zentralen sozialen Frage der kommenden Jahrzehnte. Die für die nächsten Jahre geplanten Sozialmietwohnungen können nicht einmal annähernd den Bedarf decken, den allein die momentane Warteliste ausweist. Wir stehen daher städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen grundsätzlich positiv gegenüber. Ob dafür jedoch das Projekt Ostfeld geeignet und wie es mit den nationalen und internationalen Klimaschutzzielen zu vereinbaren ist, gilt es festzustellen und sorgfältig abzuwägen.
Nicht ohne Grund haben wir in Wiesbaden den Klimanotstand erklärt. Versiegelte Städte leiden besonders unter den heißer werdenden Sommern; wir müssen daher prüfen, welche baulichen Maßnahmen Kaltluftströme, vor allem die von Wiesbaden nach AKK und Mainz, erhalten können“, führt Brehm aus.
„Wir Grüne begleiten das Projekt Ostfeld daher kritisch“, betont Kreisvorsitzende Michael Lorenz. „Aus unserer Sicht ist außerdem vorrangig zu klären, ob und unter welchen Bedingungen die geplante Bebauung des Ostfelds mit dem Betrieb der US-Air Base vereinbar ist. Erst nach Klärung dieser Frage kann der Auftrag zu einer Satzungsentwicklung erteilt werden, um unnötige Kosten für die Stadtkasse zu vermeiden. Darüber hinaus werden wir auch im weiteren Verfahren Kernpunkte einfordern, die für einen zukunftsfähigen Stadtteil aus unserer Sicht zentral sind. Dazu gehört eine Anbindung mit der Citybahn und eine nur sparsame Ausweisung von Gewerbeflächen – am Dyckerhoff kann zum Beispiel kann aus Gründen des Artenschutzes das Gewerbegebiet nicht ausgebaut werden“, ergänzt Lorenz.
Konkret haben die Grünen folgende Leitlinien entwickelt:
Ostfeld – Grundbedingungen und Rahmenempfehlungen
Die Mitgliederversammlung hat Folgendes beschlossen:
Die Rathausfraktion wird gebeten, sich dafür einzusetzen, dem Magistrat einen Auftrag zur Satzungsentwicklung Ostfeld erst zu erteilen, wenn geklärt ist, ob und unter welchen Bedingungen die US-Air Base ihren Betrieb im Falle der Bebauung weiterführen kann/wird.
I. Folgende Fragen sind im weiteren Verfahren zu klären:
1. Sind die Gesundheit, Sicherheit und Lebensqualität der zukünftigen Bewohner-Innen des Ostfeldes in unmittelbarer Nachbarschaft des Militärflughafens Erben-heim der US-AmerikanerInnen und des damit verbundenen Flugverkehrs (auch in Krisenzeiten) gewährleistet?
2. Durch welche baulichen Maßnahmen kann die Reduktion der Kaltluft -strömung minimiert und damit die Belüftung der AKK- und Mainzer Innenstadt-Gebiete auch unter den Bedingungen des absehbaren Klimawandels aufrechterhalten werden?
3. Können die Ausgleichsflächen wie im Kooperationsvertrag vereinbart im Gebiet selbst dauerhaft geschaffen werden?
4. Sind unter Einhaltung der Punkte 1-3 die Rahmenbedingungen für einen eigen-ständigen Stadtteil, z.B. Einwohnerzahl und Infrastruktur, wie im Kooperations-vertrag vereinbart, noch einzuhalten?
II. Folgende Punkte sind für das weitere Verfahren einzufordern:
1. Das Ostfeld wird nur mit Anschluss an die City-Bahn realisiert. Das Ostfeld ist zu einem verkehrsarmen, im Ideal autofreien Gebiet zu entwickeln.
2. Der zusätzliche Wohnungsbedarf von Wiesbaden wird voraussichtlich auch in den nächsten Jahrzehnten wachsen. Es gibt schon heute einen hohen Bedarf an Sozialmietwohnungen. Das Angebotsdefizit darf nicht weiter zunehmen, daher ist es unter anderem unbedingt erforderlich, die bestehen-den Sozialbindungen aufrecht-zuerhalten. Die verschiedenen anderen möglichen Baugebiete in Wiesbaden reichen nicht aus für den Bau einer hinreichenden Zahl preisgünstiger Wohnungen. Vor diesem Hintergrund kann der geplante neue Stadtteil Ostfeld eine wichtige Rolle für den Wohnungsmarkt der Stadt Wiesbaden spielen – mit einer guten sozialen Durchmischung der Bevölkerung. Wenn das Ostfeld gebaut werden soll, soll die Durchmischung erreicht werden z.B. durch 40% sozialgebundenes Wohnen, genossenschaftlichen Wohnungsbau und innovative Wohnformen, wie Mehr-generationenhäuser, etc. Neben der sozialen soll auch eine urbane Nutzungs-mischung gefördert werden. Dabei ist Dienstleistung und nicht-störendes Gewerbe möglichst gut in den Stadtteil zu integrieren, mit dem Ziel eine Stadt der kurzen Wege bzw. Quartier der kurzen Wege zu ermöglichen. Dies beinhaltet Einzelhandel und Dienstleistungsgewerbe, Kitas, Schulen und Stätten der Begegnung sowie Raum für Konzeptbauten.
3. Wir bemühen uns um in langfristiges qualifiziertes, qualitatives wie quantitatives umfassendes und integriertes Flächenmanagement in der Gesamtstadt.
4. Das Gewerbegebiet am Dyckerhoff wird aus Gründen des Artenschutzes nicht ausgebaut. Der zusätzliche Gewerbeflächenbedarf ist gering, die Ausweisung zusätzlicher Flächen ist sehr genau abzuwägen, ob das ansiedelnde Gewerbe eine angemessene Zahl von Arbeitsplätzen zur Verfügung stellt und ob es, auch hinsichtlich seines Standortes, ökologischen Kriterien standhält.
5. Das Gebiet um Fort Biehler ist auf seine Bodendenkmäler und Rückstände aus vergangenen Kriegen genau zu untersuchen und vor einer Bebauung zu sichern.
6. Sollte das Bundeskriminalamt (BKA) den Zuschlag für einen Neubau zwischen Kalkofen und Erbenheim bekommen, soll auf den dann frei-werdenden, bisherigen Standorten des BKA überwiegend sozial verträgliche Wohnbebauung geschaffen werden.
7. Der neue Stadtteil muss klimaneutral werden, um vereinbar mit den Klima-schutzzielen von Paris, der Bundesregierung und des Landes Hessen zu sein.
8. Wir berücksichtigen den kulturgeschichtlichen, ökologischen und agrarischen Wert der einzelnen Entwicklungsbereiche und die veränderten politischen Rahmenbedingungen einer möglichen Biosphärenregion und des akuten Klimanotstandes.
9. Die Rathausfraktion setzt sich dafür ein, dass ein Wasserversorgungskonzept (inkl. Logistik) erstellt wird. Dies ist mit hoher Priorität und spätestens bis Juli 2020 zu erstellen.
Dr. Uta Brehm Michael Lorenz
Kreisverbandsvorsitzende Kreisverbandsvorsitzender
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